Man ist gut beraten, Manches zur Kenntnis zunehmen und über Vieles zu schweigen.
Dennoch treiben einen viele Stilblüten aus den aktuellen Internetauftritten von Berufskollegen, auf die man aufemrksam gemacht wird, nicht nur zum schmunzel, sondern zeigen, dass sich der Berufsstand der Kieferorthopäden, Zahnärzte und hier auch der sogenannten CMD Spezialisten, immer mehr und in weiten Teilen in Richtung der Unseriosität und vor allem der Belanglosigkeit bewegt.
Schreibt doch ein Kieler Kieferorthopäde in seinem Internetauftritt:
Wir nehmen unseren ärztlichen Eid ernst und sind auch in der Corona-Krise für Sie da. In unseren Praxen wurden alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, sodass Sie und Ihre Familie sich bei uns sicher fühlen können.
Da kann man als Patient froh sein, dass das so ist. Eigentlich war zu erwarten, dass Ärzte diesen vermeintlichen Eid, oder besser gesagt, das was Patienten damit verbinden, auch außerhalb der Corona Krise ernst nehmen.
Ergänzend sei noch festzuhalten, dass Ärzte schon ganz lange keinen Eid mehr schwören.Weil dieser Eid in all seinen Bedingungen heutzutage gar nicht mehr erbracht werden kann. Oder glauben Sie, dass ein Mediziner bereit ist den Kindern seiner ehemaligen Lehrprofessoren eine Ausbildung zu bezahlen. Nachzulesen bei Wikipedia.
Als Auszug: "...den, der mich diese Kunst lehrte, meinen Eltern gleich zu achten, mit ihm den Lebensunterhalt zu teilen und ihn, wenn er Not leidet, mitzuversorgen; seine Nachkommen meinen Brüdern gleichzustellen und, wenn sie es wünschen, sie diese Kunst zu lehren ohne Entgelt."
Haben Sie schon mal davon gehört, dass ein Arzt seinen früheren Professor und dessen Familie unentgeltlich zeitlebens mitversorgt oder diesen deren Ausbildung bezahlt? Wir nicht! Deshalb schwört auch schon seit Urzeiten kein Arzt mehr diesen Hipokratischen Eid! Das will nur Keiner hören, weil es sich so toll anhört, wenn Ärzte sich selbst erhöhen wollen und auf einen Eid verweisen, den kein Arzt schwört.
Und so geht es dann in diesem Internetauftritt weiter:
"Herr Dr. XXX ist zertifizierter Diplomate of the German Board of Orthodontics and Orofacial Orthopedics und hat damit fachlich herausragende Qualität der Praxis nachgewiesen. Er ist empfohlen in der Focus Ärzteliste als TOP Mediziner."
Wie man sich den Status als Top Mediziner bei der Zeitschrift Focus, aus dem Burda Verlag "erwirbt", ist inzwischen hinreichend bekannt. Wenn es möglich wäre, würde man sich vermutlich damit brüsten vom Berg Sinai die Zehn Gebote ein zweites Mal ins Tal der unwissenden Patienten hinab getragen zu haben.
Bisher hat Niemand von diesem "Board oft Orthodontics" gehört, aber das gehört heute zum guten Standard ärztlicher Selbstanpreisungen. In der Recherche stellt sich nämlich heraus, dass es sich bei diesem Board schlichtweg um einen Verein handelt.
Diese Vorgehensweise einiger Mediziner, ist eine Variante, die vor allem dazu dient Patienten zu verdummen und sich mit vermeintlich medizinischen Titeln zu schmücken, die einfach dadurch entstehen, indem gleichgesinnte Ärzte einen Verein gründen und sich dann gegenseitig bescheinigen, weil man Mitglied in diesem Verein sei, habe man allein schon dadurch eine "herausragende Qualität der Praxis" nachgwiesen. So weit so schlecht.
Besagter Kollege hat vor nicht allzu langer Zeit auch die Auffassung vertreten, man solle Kinder kieferorthopädisch behandeln, damit diese nicht später als Erwachsene vielleicht an einer CMD erkranken, was etwa so sinnvoll ist, wie kleinen Mädchen gleich in der Pubertät eine Chemotherapie zu verpassen und die Brüste zu amputieren, damit diese später möglicherweise nicht an Brustkrebs erkranken.
Aber.. das sind die TOP Mediziner der Zeitschrift "Focus", ebenso aus dem Burda Verlag wie das Arztbewertungsportal "Jameda", das mit seinen unseriösen Bewertungsmanipulationen schon des Öfteren Gegenstand dieses BLOGS war.
Dann finden wir einen andere Praxis die erklärt:
"BEHANDLUNG BEI XXXXX & XXXX In diesen Wochen: Wir behandeln – wie können wir das verantworten ? Wir arbeiten in sehr ruhiger, achtsamer Atmosphäre. Wenn Sie warten, dann nur sehr kurz und alleine im Wartezimmer. Wir tragen frisch desinfizierte Handschuhe, Brillen, Mundschutz – so können wir niemanden infizieren. Unsere Instrumente sind frisch sterilisiert. Die Behandlungsräume werden gut desinfiziert und gelüftet – vor und nach jeder Behandlung.Wir zählen auf Ihre Solidarität und bitten Sie darum Termine abzusagen, wenn Sie Symptome einer Erkältung spüren. Rufen Sie uns an. Wir werden eine Lösung finden. Wir verstehen, wenn Termine abgesagt werden. Wir wünschen uns, dass dies so rechtzeitig wie möglich passiert. Wenn aber wichtige Behandlungen anstehen, können Sie weiterhin mit Vertrauen auf unser know-how zu uns kommen! Wir gehen ruhig, konzentriert und achtsam mit Ihrer Gesundheit um. Versprochen!"
Da kann man als Patient froh sein, dass über diese Praxis das Corona Virus herein gebrochen ist, denn seitdem wird in dieser Praxis nach Standarmethoden der Hygiene desinfiziert und sterilisiert. So entnimmt man es jedenfalls dem Internetauftritt. Das war aber auch schon der große Clou des sogenannten "Ehrenkodex" der schleswig holsteinischen Zahnärzteschaft, in dem dieser vor Jahren ihren Patienten als die heraushebenswerte Leistung versichert hatte, man wolle sich dort an die Standardmaßnahmen der Hygiene halten und sich dann dafür auch gleich noch gegenseitig ein Zertifikat verliehen hat. Dumm nur für die Zahnärzte, die nicht bereit waren diesen Unsinn mitzumachen und dafür diskriminiert wurden. Das war dann selbst dem Oberlandesgericht in Schleswig zu dumm, das diesen sogenannten "Ehrenkodex" und die darin genannten Selbstverpflichtungen von Zahnärzten schlichtweg als "selbstverständlich" abgestraft hatte.
Geradezu erheiternd die Darstellung einer Hamburger Praxis:
Praxisöffnung trotz Kontaktsperre. Sehr geehrte Patientinnen und Patienten, trotz Corona und staatlicher Kontakteinschränkungen halten wir unsere Praxis weiter für Sie geöffnet, zumal die Allgemeinverfügung des Hamburger Senats dies auch ausdrücklich zuläßt. Dafür erhalten wir sehr viel positiven Zuspruch.
Da freut man sich für den Kollegen, wenn dieser wenigstens dafür von seinen Patienten Zuspruch erhält, weil er das macht, was für eine Praxis ganz normal ist. Diese im Laufe des Tages zu öffnen und zu schließen und es nicht einmal eine amtliche Verordnung gibt, die begründen könnte, derartig Normales nicht zu tun.
Nun geht es dort aber an anderer Stelle weiter, wenn man erfährt:
Unser Wartezimmer haben wir bewußt zurückhaltend dimensioniert, weil wir mit einem Bestellsystem arbeiten und gezielt viele Untersuchungen und Behandlungen zu wenigen Terminen zusammenfassen. Unseren Patienten kommt das sehr entgegen, da diese zumeist berufstätig und/oder privat stark engagiert sind.
Nun ist die Etablierung von Bestellsystem in Zahnarztpraxen alles andere, als der letzte Schrei, sondern schlichtweg Standard. Wenn auch offensichtlich nicht in dieser Hamburger Praxis. Dass Patienten zumeist berufstätig sind und zudem auch noch engagiert sind, ist möglicherweise in dieser Hamburger Praxis eine hervorhebenswerte Sensation, spätestens aber dann nicht mehr, wenn man weiß, dass diese Patienten die erbrachten Behandlungen selbst bezahlen müssen.
Als Sitzmöbel haben wir bewußt ungewöhnlich bequeme Sessel gewählt, auf denen Sie entspannt einen Moment zur Ruhe kommen können, bevor wir uns ganz Ihnen widmen. Hierbei helfen Ihnen frisches Mineralwasser und tagesaktuellen Zeitungen und Zeitschriften.
Welchen Sinn es also machen soll "ganz bewusst ungewöhnlich bequeme Sessel für ein Wartezimmer" zu wählen, in dem doch gar Niemand warten soll, weil man so ein effizientes Bestellsystem für die Patienten betreibt, erschließt sich dem interessierten Leser ebensowenig.
Warum wir Derartiges hier präsentieren?
Weil es symptomatisch ist für eine Entwicklung in dieser Gesellschaft, die inzwischen auch den Bereich der Medizin erfasst hat. Sich die Darstellung von Arztpraxen immer mehr in Selbstverständlich- und Schwülstigkeiten erschöpft. Dieser Trend ist ganz offensichtlich und vermutlich nicht mehr umkehrbar.
Banalitäten werden zu großen Sensationen aufgebauscht. Vermeintliche, fachliche Qualifikationen werden schlichtweg dadurch geschaffen, indem Vereine grgründet werden, die dann angebliche Qualifikationsnachweise verleihen, wenn nicht allein schon die Mitgliedschaft in diesem Verein als Zeichen der fachlichen "Excellence" gilt.
Davon kann man halten, was man will. Es scheint jedenfalls in der Darstellung vieler, vermeintlicher "Excellence Praxen" inzwischen bedeutsamer, sich über die Bequemlichkeit von Wartezimmersesseln in der Öffentlichkeit und gegenüber der Patientenschaft zu ergießen, als über das, was dort behandlerisch läuft, oder eben auch nicht.
Den interessierten und geplagten Patienten dürfte weit mehr interessieren, was man ihm dort behandlerisch zu bieten habe, am Besten auch gleich mit der Möglichkeit sich einen unverbindlichen Eindruck über die angespriesenen Tätigkeiten einer Arztpraxis zu verschaffen, als sich darüber informieren zu lassen, dass man in der angestrebten Praxis über bequeme Wartezimmersessel verfüge. Ganz nebenbei erfährt man an anderer Stelle dort dann auch, dass man doch glatt im Jahr 2020 schon mit einer digitalen Spiegelreflexkamera fotografiere und natürlich über die aktuellste der aktuellen Computersoftwaren verfüge.