Eine neue Patientin aus der Region Marburg (Podcast)
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Ein Behandlungsfall, an dem man einmal mehr die strukturellen Mängel in der Behandlung von CMD Patienten erkennen und erklären kann. Hierzu auch ein Podcastbeitrag.
Die Patientin wird seit ca. 10 Jahren in der Universitätsklinik Marburg auf das Thema CMD behandelt.
Und zwar ohne jeden Erfolg.
Nun wäre es einfach Kollegenbashing zu betreiben.
Das ist aber auch nicht das eigentliche Problem.
Das eigentliche Problem liegt darin, dass die Patientin GKV versichert ist, und wir erinnern uns, die GKV leistet weder Diagnostik noch Therapie funktioneller Erkrankungen des Kauorgans.
Der Sachverhalt ist eigentlich ganz einfach und die Konsequenzen daraus sind es ebenso.
Ein GKV Patient, mit der Verdachtsdiagnose einer CMD, hat keinen Anspruch auf angemessene Maßnahmen der zahnärztlichen Funktionsdiagnostik/-therapie.
In der klinischen Realität läuft aber etwas ganz anderes.
Statt dem Patienten das unmi9ssverständlich zu sagen, wird bei diesen Patienten dann behandlerisch irgendetwas "hingefummelt". Am Besten etwas, was man "irgendwie" mit der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen kann.
Und dann beginnt das Drama.
Dann werden, wie in diesem Fall noch alle möglichen anderen Fachdisziplinen zugeschaltet, hier u.a. 5 bis 6 Orthopäden, Physiotherapie, Osteopathie, dann Psychiater und Schmerzambulanzen.
Der Patient macht das alles, jahrelang mit, bis er irgendwann, in diesem Fall nach 10 Jahren, das Gefühl bekommt, dass das nur alles gar nichts bringe, sondern wie die Patientin es beschreibt die gesundheitliche Situation des Patienten sich immer mehr verdüstert.
Dann bekommt man durch die Erhebung der Anamnese, nach und nach mit, dass die üblichen, standardgewährenden Untersuchungen, die in diesen Fällen zwar notwendig, aber eben nicht von der GKV bezahlt werden, auch nicht erbracht worden sind.
Zudem eine derart massive Dysgnathie vorliegt, dass der Behandler kaum fassen kann, dass man der Patientin angeblich über Jahre hinweg immer wieder bekundet habe, ihr Biss sei vollkommen normal.
Ein weiteres Problem in der Erhebung der Anamnese, dass man natürlich glauben muss, was einem der Patientin in der Erhebung der Krankengeschichte da alles erzählt und berichtet.
Man muss es als Arzt glauben, denn wie sollte man sonst einen Patienten behandeln?
Kommen wir nun zu den medizinischen Aspekten des Falles:
Das Leitsymptom der Patientin des Patienten lautet: extreme Halsschulternackenbeschwerden
Die Beschwerden bestehen seit: 2008
Die Besonderheit des Falles liegt in der langjährigen Behandlung ohne jedwede Verbesserung der Beschwerdesituation.
Der Beschwerdelevel liegt auf einer Skala von 0-10 bei: 7-8
Der Grad der Beeinträchtigung des Wohlbefindens liegt auf einer Skala von 0-10 bei: 8
Es bestehen folgende weitere Beschwerden:
Kopfschmerzen
Gesichtsschmerzen
Wandernden Beschwerden in den Kiefern
Unerklärlichen Zahn-/Kieferbeschwerden
Beschwerden im Bereich der Jochbögen
Wiederkehrenden Problemen der Nasennebenhöhlen
Vermehrten Blähungen
Zugempfindlichkeit
Ziehen in den Armen
Rechter Arm oftmals nicht beweglich, Ellenbogen schmerzhaft
Kribbeln in den Fingern
Stress
Halsschulternackenbeschwerden, extrem
Rückenschmerzen
Morgendlich festem Biss
„Watte im Ohr“ Gefühl, beide Seiten
Verschlechterte Hörleistung
Unruhe im Mund: "Man hat ständig das Gefühl, man müsse mit der Zunge etwas bewegen."
Kaufunktion behindert
Kiefergelenkgeräusche
Es besteht das Gefühl, dass
Die innere Mitte verloren gegangen ist, seit 2014: "Mein Leben besteht nur noch aus Schmerzen!"
Der Biss gesucht wird, der Biss passe nicht: "Ich weiß gar nicht mehr, was ein guter Biss ist"
Morgens wie gerädert: Nachtschlaf gestört. Patientin kann nicht auf dem Rücken schlafen, wegen Schmerzen
Zähneknirschen/pressen: Seit ca. 10 Jahren inzwischen 5 Schienen, Knirscherschienen
Es wurden bisher erfolglos konsultiert:
Augenarzt
Neurologen, 2
Orthopäden, 5
Physiotherapeuten, seit Jahren regelmäßig wöchentlich
Osteopathen, seit Jahren
Zahnarzt, Dauerpatient, Universitätsklinik Marburg
Anderen Behandlern: Psychologe, Schmerztherapie, Rheumatologe, Unfallchirurgie, Chiropraktiker, Nuklearmedizin, Schilddrüsenuntersuchungen, MRT von HWS, BWS, LWS, TENS Behandlungen, Massagen, Akupunktur, Schröpfen, 4-wöchige Reha Behandlung, seit 7 Jahren Wirbelsäulentraining, Rückenschule, Mehrtägiger Klinikaufenthalt Alsfeld, Schmerzmittelinfusionstherapie
Es erfolgt die klinisch manuell provokative Erstuntersuchung und darüber hinaus die Maßnahmen zur Herstellung und Eingliederung eines adjustierten Aufbissbehelfs zum Nachweis einer CMD.
Es sind vermutlich diese Kleinigkeiten, die sicherlich nicht allein ursächlich für die Beschwerden der Patientin verantwortlich sein dürften.
Anders herum betrachtet wird aber erst ein Schuh aus der Sache.
Ohne die Beseitigung dieser kleinen Details wird es aber vermutlich nicht gelingen, die Kausalität der Beschwerden, u.a. zu den hier erkennbaren Störungen der dynamischen Okklusion, nachzuweisen.
Ohne diesen Kausalnachweis ist es aber gar nicht möglich mdem Patienten eine zahnärzteliche Funktionstherapie anzubieten.
Genaues weiß man nicht, denn man war als Nachbehandler nicht dabei, aber zumindest liegt die Vermutung nahe, dass dem Vorbehandler diese Details möglicher Okklusionsstörungen, verbunden mit enormen Beschwerden, die weit über das Kauorgan hinaus reichen können, nicht bekannt sind.