Kassenzahnärztliche Ernüchterung für eine junge Patientin aus dem Schwarzwald
13627
Das ganze Dilemma gesetzlich Krankenversicherter vermag man an diesem Fall einer jungen Patientin erkennen.
Als die Patientin im März 2018 erstmals nach Kiel kam lag praktisch eine Arbeitsunfähigkeit vor und ein Beschwerdelevel von 10.
Mit der Eingliederung eines Aufbissbehelfs ging es mit dem Befinden steil bergan und den vielfältigen Beschwerden der Patientin steil bergab.
Sogar bis zu einer persönlichen Untersuchung der Patientin bei einer kassenzahnärztlichen Institution in Freiburg in Baden Württemberg.
Was entnehmen wir dem offiziellen Schreiben der Körperschaft.
Ja, die Patientin hat eine CMD.
Ja, mit dem Aufbissbehelf, 24 Stunden am Tag getragen, ist die Patientin praktisch beschwerdefrei.
Nein, es gibt keine sachgerechte Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Dass das für eine Anfang 20 jährige junge Frau keine wirklich Perspektive sein kann die nächsten 70 Jahre ihres Lebens mit einem Aufbissbehelf, und das 24 Stunden am Tag, herumzulaufen, dazu muss man kein Fachkundiger sein, um das für abwegig zu halten.
Und das ist eben das Dilemma in diesem Gesundheitswesen.
Während in 87 jährige, die auf Intensivstation dem Tode entgegen dämmern fast unbegrenzte Mittel investiert werden, in dem sicheren Wissen, dass diese Investitionen sinnlos sind und der Patient sterben wird, wird andersherum einer Anfang 20 jährigen Patientin, die noch gute 70 Jahre Lebenserwartung vor sich hat nicht nur eine mögliche und kausale Therapie verweigert, weil das ebenso im Sozialgesetzbuch Nr. 5 und dort in § 28 so steht, sondern man nimmt einer derart jungen Frau möglicherweise auch die mögliche Lebensperspektive. Einen Beruf zu lernen und auszuüben. Einkommen zu erzielen, Steuern und Sozialbeiträge zu entrichten, Familie zu gründen, Kinder zu bekommen und insgesamt ein produktives Leben zu führen, und zwar eines ohne Schmerzen und Einschränkungen.
Und das Ganze mit dem Segen und Billigung gesetzlicher Krankenversicherungen, die sich mal als Gesundheitskasse bezeichnen und mal als die Kasse, denen die Gesundheit ihrer Versicherten ganz besonders am Herzen liegt.
Was soll die Patientin nun machen?
Was es für die Eltern bedeutet eine Tochter zu haben, die von einer gar nicht so seltenen zahnärztlichen Erkrankung betroffenen ist, die eben dann doch, sowohl in Behandlung, als auch den Kosten, weit jenseits dessen liegen, was man üblicherweise einer zahnärztlichen Behandlung zugestehen würde, die Krankenkasse aber nur sagt: "Wir dürfen nicht helfen, weil die Richtlinien der GKV es nicht zulassen, das kann man sich nur sehr begrenzt vorstellen.
Es ist nur einer dieser Aspekte, bei denen man in dieser Gesellschaft das Gefühl hat, dass es vorne und hinten nicht mehr stimmt.
Alte Menschen, die sterben, die haben eine Lobby und sei es nur die Industrie, die die Geräte verkauft, die den Übergang vom Leben zum Tod für viel Geld begleitet.
Junge CMD Patienten, für die möglicherweise ihr gesamter Lebenslauf davon abhängt, ob ihnen eine sachgerechte zahnärztlich-funktionelle Behandlung widerfährt, die haben keine Lobby.
Anders herum könnte man formulieren, dass in Versicherte, dann, wenn es sich in Hinblick auf die mögliche Lebenserwartung, nicht mehr sinnvoll ist zu investieren, weil diese Menschen ihr Leben gelebt haben, investiert wird, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass das Ende des Lebens in Kürze unvermeidlich bevorsteht, hingegen in junge Patienten, die noch eine hohe Lebenserwartung vor sich haben nur die Botschaft erhalten: „Pech gehabt!“
Das ist leider die Wahrheit und auch die Perversion dieses Gesundheitssystems, das nicht die unbegrenzten Möglichkeit der Jungen in den Fokus stellt, sondern nur die sehr begrenzten Möglichkeiten der Alten.
Es wäre schön, wenn für Junge, wie für Alte genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen würden. Genau das tut es aber eben nicht, und das wissen alle, die in diesem System arbeiten und auch versichert sind.
Was abschließend allerdings nicht einmal in dieser Krankenkassenlogik stimmt und hier ist dann allerdings den Mitgliedern dieses Gremiums ein Vorwurf zu machen, dass es sich eben bei dem beschriebenen Aufbissbehelf nicht um eine sogenannte Knirscherschiene handelt, die von der GKV bezahlt wird, sondern auch hier um eine außervertragliche Privatleistung, die von der Patientin selbst zu tragen ist. Mit einer Knirscherschiene, á la GKV wäre der hier beschriebene Behandlungserfolg auch nicht zu erzielen gewesen.
Auch da geht das große "Lügen" weiter.
Die Wahrheit ist daher ganz einfach die, dass ein Patient, der gesetzlich krankenversichert ist und an einer CMD leidet, letztendlich ohne jeden Versicherungsschutz dasteht.
Was die Patientin hingegen leenslang bezahlt bekommt, sind alle möglichen Formen der Schmerztherapie, ein bisschen Physiotherapie, ein bisschen Psychobehandlung und selbst wenn sich bei der Patientin irgendwann dann die dauerhafte Erwerbsunfähigkeit einstellt, nicht einmal dann eine Behandlung.
Dass es möglich wäre diese Patientin kausal zu behandeln ist nachhaltig bewiesen. Die Darlegungen dieses Gutachtens mehrerer Kollegen ist schon fast als "Ritterschlag" zu bezeichnen.
Nur, und hier muss man die Mitglieder dieses Gremiums dann auch in Schutz nehmen: Diese setzten nur die Regeln um, die die Vorgaben und Verträge der gesetzlichen Krankenverischerung vorgeben. Das ist sogar deren Pflicht die Solidargemeinschaft vor derartigen Ausgaben zu schützen. Dass es am Ende für die Solidargemeinschaft teurer wird einen derartigen Fall, den man behandeln könnte nicht zu behandeln ist ein anderes Kapitel dieser Geschichte.
Welche Möglichkeiten hat die Patientin nun also!
1. Aufgeben und sich ihrem Schicksal ergeben!
2. Aufbissbehelf vor ever, verbunden mit ebenfals lebenslangen Kosten, die etwas nach dem 20. Aufbissbehelf die Kosten erreichen, die eine kausale Behandlung kosten würde.
3. Die Kosten für die geplante funktionstherapeutische Behandlung selbst aufzubringen.
Fest steht: Diese Patientin wird niemals in ihrem Leben eine private Zusatzversicherung abschließen können, denn angesichts der bekannten Vorgeschichte wird keine Versicherung die Patientin versichern.