Kieler Patient zur Neuerstellung einer Implantatbrückenversorgung
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Gedacht war das alles ganz anders.
Zwei Implantatkronen 22 und 24, nach Entfernung des nicht mehr erhaltungsfähigen Zahnes 23 runter, Abformungen und eine neue implantatgestützte Brückenversorgung drauf.
So weit die Theorie.
Gekommen ist es aber ganz anders.
Nach einer geschlagenen Stunde hatten wir gerade mal eine Krone und einen Implantataufbau entfernt. Zig Fräser und Auftrenninstrumente verbraucht und ein ganz wichtiges Instrument abgebrochen, einen sogenannten "Austreiber" um eine kombinierte Sechskant-Konus-Verbindung zu trennen.
Das Problem dieses Patienten besteht darin, dass der Patient zum einen anlagebedingt, zum anderen parodontitisbedingt, unwahrscheinlich lange klinische Zahnkronen besitzt. Das vermag man auch als Laie an dem nebenstehenden OPG zu erkennen. Eine derartige Situation ist nicht der Durchschnittspatient, kommt aber im fortgeschrittenen Alter schon regelmäßig vor.
Dabei liegt das Problem darin, dass die Implantataufbauten wesentlich kürzer und dünner sind, als die ursprünglichen klinischen Zahnkronen, was wiederum dazu führt, dass die zahntechnischen Kronen darauf, enorm lang sind und enorm dicke Materialschichtstärken aufweisen.
In diesem Fall um einen aus einer Nichtedelmetallegierung zum anderen aus einer Verblendkeramik. Zum Glück nicht aus einer Zirkonoxidkeramik, wie sie heute oftmals angewandt wird, weil den Kolleginnen und Kollegen überhaupt nicht klar ist, was es bedeutet eine Zirkonoxidkrone aufzutrennen und zu entfernen.
Das führt nun wiederum zu ganz eigenen Problemen, denn es gibt zwei Möglichkeiten derartige Kronen von den darunterliegenden Implantaten zu entfernen.
- Man bohrt oben in die Krone ein Loch und legt dann einen Bergwerksschacht in die Tiefe an, bis man bei der Schraube im Implantatschacht angekommen ist. Haben wir versucht. Geht nicht, weil wir keine Schleifinstrumente hatten, die hierfür lang genug gewesen wäre. Das aber lag nicht an uns, sondern daran, dass es derart lange Schleifinstrumente gar nicht gibt.
- Man fräst die Krone von der Seite her auf, was aber voraussetzt, dass man mit vielen kurzen Schleifinstrumenten die Krone, sozusagen in Teilen auftrennt. Hier liegt das Problem aber darin, dass man ewig lange benötigt, bis man die zahntechnische Krone derart geschwächt hat, dass man sie dann aufzubiegen vermag. Das hat hier auch nicht funktioniert.
Also haben wir dann die zahntechnische Krone in der Mitte "abgefräst", so wie man einen Baum absägt, um dann mit einem wesentlich kürzeren Bohrschacht die Schraube des Implantataufbaus freizulegen. Die Schraube haben wir dann auch gefunden, der Sechskant war mit Watte ausgekleidet.
Nun benötigt man aber einen sogenannte Austreiber, um den Implantataufbau aus dem Implantatschacht zu entfernen, denn der Implantataufbau ist zum einen nach dem Konusprinzip im Implantat verankert und zum anderen gegen Rotation durch einen Sechskant gesichert. Das, was die Sache so widerstandsfähig macht, wenn man den Implantataufbau in das Implantat einschraubt, wird aber nun leider gerade zum Problem, wenn man den Implantataufbau wieder entfernen will.
Irgendwie muss sich der Austreiber verkantet haben und ist beim eindrehen abgeschert.
Das haben wir in über 20 Jahren Implantaterfahrung auch nicht erlebt, aber jede Serie hat eben mal ein Ende.
Wir haben dann den Gewindeanteil des Austreibers vorsichtig weggeschliffen, was aber im Ergebnis nur dazu führte, dass sich der Aufbau immer noch nicht entfernen ließ. Auch nicht mit einer Extraktionszug und nur auf Zug, denn drehen darf man, um Himmels Willen, nicht an dem Aufbau.
Drehen geht unter anderem deshalb nicht, weil man dann das Implantat irreversibel beschädigen würde.
Mehr oder weniger in einer Verzweiflungstat haben wir dann versucht den Implantataufbau von innen her beidseitig zu schlitzen, ohne die Implantatschulter zu beschädigen und in zwei Teilen mit einer Zange zu entfernen.
Erst hat sich ein Teil des Implantataufbaus gelöst und dann, wie durch ein kleines Wunder irgendwann der restliche Teil des Implantataufbaus.
Am Ende wurde mit anderen Aufbauten geprüft, dass der Implantatschacht noch intakt ist. Das ließ sich auch belegen.
Die zweite Implantatkrone konnte nicht entfernt werden, weil wir auch hierzu den angesprochenen Austreiber benötigen, der aber bereits kaputt war.
In das erste Implantat wurde eine Einheilschraube eingebracht und ein neuer Termin für die Entfernung der zweiten Implantatkrone vereinbart, der voraussetzt, dass das benötigte Neuteil zur Verfügung steht.
Was man definitiv zu sagen vermag, und das wurde hier schon andernorts mehrfach angesprochen:
Wenn hier mit Zirkonoxidkronen versorgt worden wäre, oder noch schlimmer ein einteiliges Keramikimplantat mit einer farbgleichen Zirkonoxidkrone, dann wäre es uns vermutlich nicht gelungen die Krone, unter Erhalt des darunter liegenden Implantates zu retten.
Hier geht es um ein Thema, über das Niemand spricht. Nicht um die Erstversorgung eines Implantates mit einer Krone, sondern um die Frage, was passiert, wenn eine Krone erneuert werden muss.
Das kommt nämlich auch vor, nur in der Regel nicht in der Praxen, die Keramikimplantate setzen oder aber mit Zirkonoxidkeramiken versorgen.