Patient aus der Region Ostholstein und seine Versicherung
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Man muss es schon selbst gelesen haben, sonst würde man es nicht glauben.
Wir haben uns nun auch entschlossen den Vorgang in anonymisierter Form zu veröffentlichen, weil man es sonst nicht glauben würde.
Der eine oder andere erinnert sich jetzt vielleicht an die ersten Commedysendungen, in denen immer die Telekom durch den Kakao gezogen wurde.
Die Versicherung, hier die Continentale, erteilt dem Patienten für die Einstellung der Bisslage mit Laborgefertigten Dauerprovisorien eine Kostenzusage.
So weit so gut.
Nun könnte man ja meinen: Vielleicht ist das ja doch ein bisschen zu kritisch, was da in diesem BLOG über bestimmte Fälle und deren versicherungstechnische Abarbeitung berichtet wird.
Könnte man meinen!
Aber wahrscheinlich nicht mehr, wenn man es selbst gesehen und gelsesen hat.
Im ersten Satz des Schreibens eine Zusage zu machen, um dann im weiteren Verlauf des Schreibens zu verkünden, man wolle nun aber doch einen Sachverständigen einschalten, und wenn der dann zu einem anderen Ergebnis käme, dann würde man die Zusage wieder einkassieren, das ist schon versicherungstechnische Dialektik.
Da bringt es den Patienten auch nicht weiter, wenn man ihm bis dahin alle entstandenen Kosten erstatten würde, denn schließlich kommt ja nach den Laborgefertigten Dauerprovisorien noch die endgültige Versorgung, die der Patient dann ja nicht erstattet bekommen würde, wenn...
Die dann auch nicht mehr rückgängig zu machen wäre, weil die Zähne bereits für die Laborgefertigten Dauerprovisorien anbehandelt wären.
Der Beschwerdelevel des Patienten liegt aktuell bei 3-4. Der Aufbissbehelf wird nach wie vor getragen.
Der Patient ist nachvollziehbarerweise genervt, weil es natürlich nicht möglich ist eine begonnene irreversible Behandlung, und genau darum handelt es sich bei der Einstellung der Bisslage mit Laborgefertigten Dauerprovisorien, sollte es sich die Versicherung dann doch noch anders überlegen, wieder rückgängig zu machen.
Jetzt gilt es daher erst einmal abzuwarten, denn wenn der Versicherungsgutachter jetzt noch zu einer anderen Meinung kommen sollte, dann gibt es ein neues Problem, denn der Gutachter der Versicherung behandelt den Patienten natürlich nicht selbst und der Behandler, der das Haftungsrisiko für die Behandlung trägt, wird schlauerweise keine Behandlung durchführen, bei der er der Überzeugung ist, dass sich bei dieser nicht den gewünschten therapeutischen Erfolg einstellen wird.
Was dem Leser dieses BLOG vermutlich nicht klar ist, dass der Behandler für seine Maßnahmen immer haftungsrechtlich gerade stehen muss.
Der Gutachter aber den Patienten selbst nicht behandeln darf und auch nicht wird. Letzten Endes aber auch nicht dafür haftet, dass das, was er zu dem Fall sagt stimmt.
Das kann dann dazu führen, dass der Gutachter es besser weiß, als der Behandler und der Behandler aber nicht bereit ist die Behandlung so durchzuführen, wie vom Gutachter gefordert, weil er nicht bereit ist das Haftungsrisiko für eine Behandlung zu übernehmen, vor allem dann, wenn er weiß, dass nicht funktionieren wird, was der Gutachter der Versicherung sich da überlegt hat.
Der muss nämlich niemals beweisen, dass das, was er an Meinung in diesem Fall vertritt überhaupt funktioniert.
Genau das muss aber der Behandler!
Und am Ende kann das dann dazu führen, dass der Patient dasteht und keine Behandlung erfährt, weil der Gutachter ihn selbstverständlich nicht behandelt und der bisherige Behandler sich weigert das vom Gutachter vorgegebene Behandlungskonzept umzusetzen, weil er davon überzeugt ist, dass das nicht funktionieren wird.
Nun kann man natürlich argumentieren, dass man ja erst einmal umsetzen könne, was der Gutachter will und wenn das dann nicht funktioniert, immer noch auf das Konzept des Behandlers umschwenken könnte.
Dann muss man sich dann allerdings wirklich einmal das menschliche Verhalten vor Augen halten und sich selbst fragen, ob man wirklich glaubt, dass ein Gutachter sich dann, wenn sich der Behandlungserfolg nicht einstellt, tatsächlich hinstellt und seine Meinung revidiert und auf einmal sagt: "Ich habe mich geirrt. Der Behandler hatte recht!"
Und deshalb ist es nicht die Aufgabe eines Gutachters seine Meinung zum Gegenstand seiner Abwägungen zu machen, sondern zu prüfen, ob das, was der Behandler vorschlägt sich innerhalb der Bandbreite der vertretbaren Behandlungen, die sich am großen "Zahnmedizinwissenschaftsmarkt" projizieren, befindet.
Und wenn der Gutachter dann sagt: "Ich würde es vielleicht nicht so machen, aber so wie der Behandler es vorschlägt kann man es machen, dann ist alles gut.
Das Problem ist allerdings, dass es immer wieder "Gutachter" gibt, die eben genau das nicht machen, sondern ihre eigene Meinung, und sei diese behandlerisch noch so beschränkt ,zur Richtschnur ihres Gutachtens machen.
Davon gehen wir in diesem Fall nicht aus, denn auch der Patient selbst hat seiner Versicherung seinen bisherigen Behandlungsablauf und die damit verbundene monatelange Diagnostik sehr plastisch dargestellt.
Nun fragt sich abschließend vielleicht der geneigte Leser, warum der eine in diesem Schreiben benannte Gutachter die Begutachtung abgelehnt hat. Die Antwort liegt, wie so oft in der Vergangenheit.
Der Gutachter weilte seinerzeit übrigens in den USA und hat von dort sein Gutachten verfasst. Das Geld hat die Witwe des Patienten, der monatespäter altersbedingt verstorben ist, übrigens erst nach dessen Tod von der Versicherung erhalten, nachdem wir uns intensiv mit dem Gutachten und dem Gutachter auseinander gesetzt hatten.
Es ist eben leider so, dass derartige Fälle regelmäßig nur bei bestimmten Versicherungen vorkommen. Das mag Zufall sein, wir würden es dem Patienten wünschen.
Was man in diesem Fall konkret zu sagen vermag ist folgendes: Es ist bisher mehr Zeit in die Adminsitration dieses Falles geflossen, als in die konkrete Behandlung des Patienten. Und das ist ja auch schon eine Aussage.
Und zu dem Schreiben der Versicherung vermag man letztendlich nur zu kommentieren:
"Die gute Nachricht zuerst" war eben gar keine Gute Nachricht!
Dass man sich da als langjähriger Behandler immer einmal wieder die Frage stellt, ob man sich Derartiges wirklich noch über ein "normales" Berufsleben hinaus antun möchte, kann da nicht ausbleiben.
Dass es sich hier eben nicht mehr um Ausnahmefälle handelt, wird spätestens an dem Fall einer Beamtin aus Niedersachsen klar, als die Beihilfestelle nach mehrmonatiger Versorgung und Einstellung der Bisslage mit Laborgefertigten Dauerprovisorien auf einmal auf die Idee kam, bevor die endgültige Sanierung mit definitiven Restaurationen beginnen sollte, in einem amtsärztlichen Gutachten überprüfen zu lassen, ob die bereits weit voran geschrittene funktionstherapeutische Behandlung überhaupt medizinisch indiziert ist. Das hätte die Beihilfestelle durchaus tun können, bevor die Funktionstherapie begonnen hatte, denn da lagen die Behandlungsplanungen dort ebenfalls bereits vor.
Eine Amtsärztin, die halbtags Kinder in Kindergärten besucht dann zu der Auffassung kam, da die Patientin dank der Einstellung einer korrekten Bisslage mit Laborgefertigten Dauerprovisorien weitgehend beschwerdefrei sei, sei nun der Rest der Behandlung, also die Einstellung der Bisslage mit definitven zahntechnischen Restaurationen praktisch ein Kinderspiel und daher maximal mit dem 2,3 fachen Gebührensatz zu berechnen.
Dabei kann man eines mit Sicherheit sagen: Dass besagte Amtsärztin eine derartige Behandlung selbst noch nie durchgeführt hat. Sonst wüsste sie nämlich, dass der kleinste Fehler in der definitiven Versorgung dazu führen kann, dass die Patientin wieder mit der vollen Symptomatik einer CMd zu kämpfen hat. Denn CMD ist eine chronische Erkrankung und kann jederzeit wieder ausbrechen, wenn sich, wodurch auch immer, Störungen der Okklusion einstellen. Um das zu wissen, muss man allerdings derartige Patienten langjährig selbst behandelt haben.
Leichter ist es natürlich darüber Gutachten zu schreiben und sei es nur ein amtsärztliches Gutachten. Dabei wäre das einzig Korrekte gewesen, wenn die Amtsärztin geschrieben hätte, dass die Behandlung bereits ein irreversibles Stadium erreicht hat, die Patientin erfreulicherweise wie geplant beschwerdefrei sei und nun selbstverständlich auch die definitive Versorgung durchgeführt werden muss. So wäre es korrekt gewesen. Gemacht hat besagte Amtsärztin aber etwas anderes.
Bei aller Freude am Beruf und auch dem ärztlichen Bestreben helfen zu wollen, stoßen diese behandlerbezogenen Wünsche doch immer öfter an die Realität der konkreten Abwicklung derart komplexer Behandlungsfälle.
Früher konnte sich der Behandler über derartige Fälle noch aufregen. Ob das was gebracht hat, kann man nicht wirklich sagen.
Heute, und das spricht ja auch schon Bände, nimmt man derartige Abläufe nur noch hin, weil es erkennbar nichts bringt hier mit Argumenten zu arbeiten, wenn der Fall versicherungstechnisch in eine bestimmte Richtung läuft. Die sind ja in der schriftlich umfangreichen Behandlungsplanung alle bereits dargelegt. Und das macht es natürlich auch für die Patienten schwieriger, denn die haben ja nicht mal die belegbaren medizinischen Argumente, außer, dass sie von ihren Beschwerden runter wollen.