Patient aus Flensburg zur Kontrolle Aufbissbehelf
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Eine in jeder Hinsicht schwierige Situation. Wir erinnern uns: Der Patient ist 24 Jahre alt und erwerbsunfähig. Die Beschwerden liegen bei 9 in Richtung 10.
Alle möglichen Ärzte sind durch! Keiner konnte irgendetwas bewirken.
Der Patient erhält einen Aufbissbehelf und die Beschwerden senken sich bis auf Level 4 ab. Steigen aber auch wieder an, je nachdem wie gut die Okklusion eingestellt ist.
Das Problem ist u.a.: Der Patient ist gesetzlich krankenversichert und ein Kostenträger für eine CMD Therapie weit und breit nicht in Sicht.
Nun meldet sich am Sonntag die Mutter des Patienten und attackiert in einem Brief die bisherige Behaqndlung des Patienten.
U.a., wie es sein könne, dass das CMD CENTRUM KIEL über Weihnachten/Neujahr geschlossen gewesen sei. Das könne doch nicht sein, dass man den Patienten einfach mit seinen Beschwerden über Weihnachten allein ließe.
Der erstaunte Leser wird sich fragen, ob das bedeuten solle hier müsse eine 365 Tage/Jahr 24 Stunden Bereitschaft für CMD Patienten vorgehalten werden und das ganze natürlich zu Preisen, bei denen der Behandler dann mal in sich gehen solle, ohne das klar wird, was das konkret in Euro bedeuten würde.
Der Patient habe regelrecht notfallmäßig am Weihnachtswochenende mit Beschwerden in eine Klinik eingeliefert werden müssen, was der Patient im Gespräch dann allerdings stark relativiert und dort sei ein Arzt nach 5 Minuten zu 95% sicher gewesen, dass der Patient ein Fall für die Psychosomatik sei. Das wiederum wird vom Patienten brüsk zurück gewiesen, denn psychosomatische Behandlungsansätze habe er bereits in der Vergangenheit erfolglos hinter sich gebracht. Das scheint die Mutter aber nicht zu überzeugen.
Und es geht weiter. Wie es denn sein könne, dass man dem Patienten für viel Geld eine Nachweisdiagnostik erbringen könne, obwohl doch klar sein, dass voraussichtlich kein Geld für eine Therapoie zur Verfügung stehen würde.
Darüber allerdings wurde der äußerst umfangreichen und dokumentiert aufgeklärt. Der Patient will wissen, ob er an einer CMD leidet und der bisherige Verlauf der Diagnostik bestätigt das im Übrigen auch.
Dann geht es weiter mit der Überlegung der Patientenmutter, dass es einem Sozialversicherungsträger doch leichter fallen würde eine Behandlung zu bezahlen, wenn der CMD Spezialist nur mit dem Preis runter ginge. Ja, natürlich würde die vorliegende Spezialisierung eine höheres Honorar rechtfertigen, aber der Behandler möge doch mal in sich gehen, denn der Patient, sprich der eigene Sohn, habe ja kein Einkommen und könne die Behandlung nicht bezahlen.
Die Frage, ob die Eltern des Jungen die Behandlung zahlen könnten, wird nicht aufgeworfen, um die angespannte Stimmung nicht weiter anzuheizen.
Und so lief dann auch die Kontrolle des Aufbissbehelfs ab, in der der Patient seine Zufriedenheit über das bisher Erreichte äußerte, während die Mutter des Patienten berichtete, was sie im Internet alles für Erkenntnisse gewonnen habe und warum man in Kiel dieses oder jenes nicht so mache, wie zum Beispiel in der CMD Klinik in Lübeck.
Nun gibt es in Lübeck überhaupt keine CMD Klinik, aber egal.
Den Hinweis, sie möge doch dann einfach mit ihrem Sohn die Behandler aufsuchen, die im Internet für die Mutter überzeugendes anbieten würden, bringt die Dame dann allerdings vollends in Rage.
Sie hielte diesen Vorschlag für aggressiv und müsse den Raum verlassen, weil sie es nicht mehr aushalten würde.
Nun wird der Leser sich denken, so etwas könne es doch gar nicht geben, schon gar nicht, dass Patient und Begleitung derart diamtetral argumentieren würden. Doch, das gibt es alles und bleibt nicht aus, dass man als Behandler auf die Idee kommt, dass dieser Aspekt vielleicht auch Teil des großen Problem sein könnte.
Zurück bleibt der Patient, der sich ein Leben ohne Aufbissbehelf überhaupt nicht mehr vorstellen kann und schon die wenigen Minuten beim essen und ohne Aufbissbehelf als Marter empfindet. Weiterhin ein Behandler, der eigentlich stolz war, dass hier etwas gelungen ist, was bisher keinem Arzt oder Zahnarzt gelungen ist, nun aber sprachlos ist.
Man erfährt im Behandlungsalltag als Arzt eher weniger Bestätigung, geschweige denn Lob. Aber derart unverhohlene Kritik der Mutter, trotz des unbestreitbaren Behandlungserfolges, macht dann doch sprachlos.
Es erfolgt eine Korrektur des Aufbissbehelfs und 30 Minuten später eine Kontrolle mit sofortiger Verbesserung des Beschwerdelevels. Diesmal ohne die Mutter als Begleitung.
Was in derartigen Fällen bleibt ist ein Unbehagen, denn dass es dem Patienten mit dem Aufbissbehelf eindeutig besser geht ist unbestritten. Dass es vermutlich wegen des Versicherungsstatus nicht möglich ist den Patienten zu Lasten eines Sozialversicherungsträgers zu therapieren ebenfalls.
Dass die Eltern des Patienten sich bei den vorhersehbaren Kosten überfordert fühlen ist nachvollziehbar.
Dass der Frust über diese Webfehler im System, dass ein 24 jähriger, der vermutlich behandelbar wäre und arbeiten könnten nicht behandelt werden kann und vermutlich sein ganzes Leben lang erwerbslos bleiben könnte, dann aber an dem ersten Behandler abgelassen wird, der erstmalig eine deutliche Verbesserung der Beschwerdesituation des Patienten erwirkt hat, ist ebenso bezeichnend wie verstörrend.
Es gehört in diesen Fällen viel Berufsenthusiasmus dazu nicht einfach die Reißleine zu ziehen und den Fall niederzulegen.
Letzten Endes könnte für den Patienten der Ausweg darin bestehen über lange Zeit hinweg mit Aufbissbehelfen zu arbeiten, die 24 Stunden am Tag getragen werden. Aber auch diese Aufbissbehelfe müssen regelmäßig, alle vier Wochen kontrolliert und korrigiert werden.
Fälle wie dieser, verbunden mit den Begleitumständen sind selten, aber kommen dennoch regelmäßig vor. Die Aggressivität von Patienten oder deraen Angehörigen steigt langsam aber stetig.
Der Arzt wird für die Probleme im Gesundheitswesen verantwortlich gemacht, ohne jede Reflektion wie eine hochspezialisierte Behandlung mit einem gleichzeitig niedrigen Kostenansatz erbracht werden soll.
Selten, aber immer wieder erlebt man in derartigen Fällen starke Aggressionen gegen das Behandlungsteam, obwohl es fachlich medizinisch betrachtet gut läuft, aber entweder kein Versicherungsschutz besteht, oder aber die finanziellen Mittel für die sicherlich kostenintensive Behandlung fehlen.
Der Wunsch, besser gesagt die vehement vorgetragene Forderung, dann solle doch der Arzt für wenig Geld das komplexe Problem lösen, ist sicherlich Teil einer Verzweifelung aber genauso unrealistisch.
Es bleibt abzuwarten, ob es möglich sein wird dem Patienten eine Perspektive zu eröffnen und sei es nur die eines verträglichen Lebens mit einem 24h/d Aufbissbehelf.